Ekkehard Jost (*22.1.1938 – †23.3.2017)
Mit geradezu feuilletonistischer Eloquenz stellte er profunde historische Bezüge sowohl zu den verschiedenen Landesszenen her als auch rüber in die USA. Jost, 1938 in Breslau geboren, war einer der Musikwissenschaftler, dem es stets gelang, den Elfenbeinturm zu verlassen und unterhaltend über sein Forschungsgebiet zu sprechen: über den Jazz in seinen vielfältigen stilistischen Ausprägungen.
Denn Jost war selbst auch Musiker: Als geschmeidig phrasierender Baritonsaxofonist sorgte er schon während seines Studiums von 1959 bis 1965 in Hamburg für Aufsehen in der deutschen Jazzszene. Und weil er als Musiker anerkannt war und von seinen Kollegen geschätzt wurde, konnte er seine Arbeitsbereiche gut miteinander verbinden. Für seine Habilitation zum Thema „Free Jazz“ lebte Jost zum Beispiel längere Zeit in New York, um direkt vor Ort mit den Protagonisten dieser „revolutionären“ Musikgattung zu sprechen und deren Projekte musikwissenschaftlich zu analysieren. Ein weiteres Standardwerk ist seine „Sozialgeschichte des Jazz in den USA“, mit dem er die teils schwierigen Lebens- und Arbeitsbedingungen der US-amerikanischen Musiker beschreiben und analysieren konnte.
Von 1973 bis zu seiner Emeritierung 2003 leitete Jost als Professor das Musikwissenschaftliche Institut der Universität Gießen, außerdem war er Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Internationalen Gesellschaft für Jazzforschung Graz und hatte unter anderem Lehraufträge in Marburg, Hamburg und Frankfurt. Doch neben seiner Karriere als Wissenschaftler mit internationalem Ruf blieb Jost zeitlebens Jazzsaxofonist, der kontinuierlich mit befreundeten Musikern (der Kontrabassist Dieter Manderscheid beispielsweise, oder der Schlagzeuger Joe Bonica) seine Projekte realisierte und auf seinem eigenen Label, Fish Records, veröffentlichte. Josts WDR-3-Sendereihe „Jazzgeschichten aus Europa“ ist 2012 dann als Buch im Wolke Verlag erschienen. Dieses so Jost-typische Kompendium wird seine letzte Veröffentlichung zu Lebzeiten sein: Der Musikwissenschaftler und Jazzmusiker Ekkehard Jost ist in der Nacht des 23. März in Marburg im Alter von 79 Jahren gestorben.
Ein Nachruf von RJR-Mitglied Martin Laurentius